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DOSSIERS

Wohnen wird nochmals teurer

Wohnen wird nochmals teurer

Steuerlicher Schuldzinsenabzug beim Eigenheim wird eingeschränkt

Infolge einer Änderung von Artikel 98, Absatz 1, Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (L.I.R.) bezüglich des Nutzungswerts der durch den Eigentümer benutzten Wohnung (valeur locative), in der Folge „Nutzungswert“, durch das Budgetgesetz vom 23. Dezember 2022, wurde das Festsetzen eines Nutzungswerts auf Immobilien ausgedehnt, welche dazu bestimmt sind, vom Eigentümer bewohnt zu werden, aber augenblicklich eben noch nicht von ihm bewohnt werden (z.B. wegen Renovierungsarbeiten). In der Folge wurde auch das ausführende modifizierte großherzogliche Reglement vom 12. Juli 1968 ab dem Steuerjahr 2023 angepasst (règlement grand-ducal du 23 décembre 2022 portant modification du règlement grand-ducal modifié du 12 juillet 1968 concernant la fixation de la valeur locative de l’habitation occupée en vertu du droit de propriété ou occupée à titre gratuit ou en vertu d’un droit de jouissance viager ou légal). Dies führt zu manchen Schwierigkeiten und Ungereimtheiten.

Ein Urteil mit Folgen

War es in der Vergangenheit oftmals zu Interpretationsschwierigkeiten gekommen betreffend die steuerliche Behandlung der in der Immobilie vor Einzug des Eigentümers getätigten Arbeiten, so sollte eigentlich mit einer früheren Anpassung desselben Reglements1 die Frage gelöst werden. Der neu geschaffene Artikel 4b ließ, in der Interpretation der Steuerverwaltung, für den Zeitraum vor dem Bewohnen des Eigentümers lediglich den Abzug, ohne Begrenzung, der Schuldzinsen und der Finanzierungskosten zu. Die Cour administrative, in ihrem Urteil Nr. 45299C vom 28/07/2021, lehnte jedoch diese restriktive Auslegung ab, und ließ den Abzug von Reparaturkosten vor dem Bewohnen des Eigenheims zu, insofern sie keinen Herstellungsaufwand (dépenses d’investissement) darstellen. Da der Gesetzgeber allerdings diesen Abzug der Reparaturkosten nicht mehr dulden wollte, kam es im Budgetgesetz von 2023 zur Anpassung von Artikel 98 L.I.R., sowie des diesbezüglichen großherzoglichen Reglements. Durch Hinzufügen eines Satzteils im Gesetz und an mehreren Stellen des Reglements, wurde der Nutzungswert (valeur locative) ausgedehnt auf alle Immobilien die dazu bestimmt sind, vom Eigentümer bewohnt zu werden (destinés à être occupés par le propriétaire). Dieser Zusatz hätte eigentlich genügt, um das Status Quo der steuerlichen Praxis von vor 2023 auf festerem legalen Grund zu verankern.

Jedoch wurde im selben Abänderungsreglement vom 23. Dezember 2022 eine weitere Anpassung, mit weitaus tiefergreifenden Folgen, vorgenommen: Artikel 4b wurde ersatzlos gestrichen! Somit stellt sich die Frage nach dem Abzug von Schuldzinsen und Finanzierungskosten für das Eigenheim, welches nach dem Kauf noch renoviert wird oder aus anderen Gründen nicht sofort nach dem Kauf vom Besitzer bewohnt werden kann. Gab es eine klare, wenn auch vom legistischen Standpunkt vielleicht nicht einwandfreie Lösung für die Steuerjahre 2021 und 2022, so hält das abgeänderte Reglement ab
2023 überhaupt keine Lösung mehr bereit!

Liest man den dazugehörigen Kommentar des Abänderungsreglements, glauben die Autoren ernsthaft, dass Artikel 4a sich auch auf den Schuldzinsenabzug vor dem Einzug ins neue Heim bezieht und Artikel 4b überflüssig werde2. Dem ist allerdings nicht so: Einerseits gilt für das zukünftige Eigenheim das Festsetzen des Nutzungswertes (valeur locative) ab Kauf der Immobilie, wobei nur Schuldzinsen diesen Wert mindern können. Andererseits geht in Artikel 4a ausschließlich die Rede vom
Abzug der Schuldzinsen ab dem Bezugsjahr! Dazu wird die Ausnahmeregelung von Artikel 4b ab 2023 bewusst abgeschafft.

Laut Artikel 4a gilt für den Zinsenabzug ein jährliches Maximum vom 2.000 € für das Bezugsjahr und die 5 darauffolgenden Steuerjahre, anschließend 1.500 € für die folgenden 5 Jahre und danach gleichbleibend 1.000 €, wobei diese Maxima pro Familienmitglied gelten. Dieser Artikel gibt demgemäß wohl eine Lösung her für den Zinsenabzug ab dem Bewohnen, genauer gesagt, ab dem Bezugsjahr, nicht aber für die Zeit davor. In der Phase vor dem Bewohnen gilt ab 2023 aber auch das Festsetzen des Nutzungswertes, ohne dass es eine klare legale Lösung für den Schuldzinsen- und Finanzierungskostenabzug gäbe! Es wurde also de facto eine Grauzone geschaffen und, anstatt dass Probleme gelöst wurden, neue geschaffen.

Werden Schuldzinsen für das noch nicht bewohnte Eigenheim ab 2023 nur noch begrenzt abgezogen? Obwohl dies nicht expressis verbis aus dem Reglement hervorgeht, scheint dies doch die Absicht gewesen zu sein, zumindest laut Kommentar zum Reglement. Allerdings stellt sich dann eine neue Frage: Ab welchem Zeitpunkt beginnt die erste 5-Jahresfrist in welcher ein Maximalabzug von 2.000€ gilt? Oder werden die Zinsen etwa überhaupt nicht mehr abgezogen vor dem Bezugsjahr, da eine dementsprechende Bestimmung fehlt? Oder gelten sie gar als Sonderausgaben und werden, zusammen mit Schuldzinsen für mobile Wirtschaftsgüter und Versicherungen zusammen, nur noch bis 672 € (pro Familienmitglied) abgezogen?

Und was geschieht mit den Finanzierungskosten? Hierbei handelt es sich um hohe Beträge, die als Banknebenkosten (commission, commission unique, oftmals in Höhe von 1% der aufgenommenen Schuld) entstehen sowie die Kosten des notariellen Hypothekenakts.

Zweierlei Maß

Betroffen sind hier sehr viele, denn diese neue Regelung betrifft zum Beispiel all jene, welche einen Zwischenkredit aufnehmen müssen. Des Öfteren werden heute Überbrückungskredite aufgenommen, um die Doppelbelastung von zwei Darlehen zu stemmen: ein Darlehen, das noch auf jenem Eigenheim lastet, das noch nicht verkauft werden kann und ein zweites Darlehen, um den Kauf der neuen Wohnung zu finanzieren. Der Überbrückungskredit hat den Vorteil, dass nur die Zinsen während dieses Zeitraumes anfallen. Konnte man diese Zinsen bisher integral steuerlich geltend machen, wird das ab
2023 wohl nicht mehr möglich sein.
 
Es wird aber noch skurriler, vergleicht man die steuerliche Behandlung, einerseits, im Fall des Kaufs einer bereits bestehenden Immobilie mit, andererseits, dem Neubau oder dem Erwerb einer Wohnung mit zukünftiger Fertigstellung (en voie future d’achèvement, kurz VEFA). Stößt der Käufer in ersterem Fall auf die oben beschriebenen Schwierigkeiten für den Abzug der Schuldzinsen und Finanzierungskosten vor dem Bewohnen, ergeht es Letzterem besser, kann er doch ohne Schwierigkeit alle Schuldzinsen und Finanzierungskosten bis zur kompletten Fertigstellung des Immobilienobjekts
abziehen.

Der Grund dafür: noch nicht fertiggestellte Immobilien können keinen Mietwohnwert auslösen, da dieser, auch unter dem Reglement in seiner Fassung von 2023, nur ab dem komplett fertiggestellten Haus oder Appartement anfällt3. Ein Rohbau zum Beispiel ist per se nicht bewohnbar, ebenso wie eine Immobilie, in welcher der Gips erst trocknen muss oder die Elektroinstallation noch nicht abgenommen ist. Hier kann man jedoch die Finanzierungskosten und Schuldzinsen integral abziehen. Fazit: zweierlei Maß für ganz ähnliche Situationen!

Die vom Finanzministerium initiierte neue Regelung benachteiligt damit zusätzlich insbesondere jene Wohnungserwerber, welche sich keine neue Immobilie leisten (können), sondern, zum Teil mühsam und über einen längeren Zeitraum hinweg, ihr zukünftiges Zuhause renovieren müssen, bevor sie einziehen können. Dass dies des Öfteren die einkommensschwächeren Menschen betrifft, scheint die Regierung nicht zu stören. Trotz anderslautender medienwirksamer Bekundungen scheint die Wohnungskrise noch nicht in Regierungskreisen angekommen zu sein, ansonsten würde dem bereits vom teuren Wohnungsmarkt und hohen Zinsen arg gebeutelten Bürger eine weitere Verteuerung des Wohnungserwerbes wohl nicht (klammheimlich) zugemutet.

Auch darf daran gezweifelt werden, dass ein Rundschreiben des Steuerdirektors die Verwaltungspraxis regeln könnte, ohne sich über die bestehende gesetzliche Basis hinwegzusetzen.

Der Steuerpflichtige muss seine Finanzplanung am Anfang des Jahres erstellen können, insbesondere auch in Bezug auf die Steuerlast, die ihm auferlegt wird. Entstehen aber durch eine gesetzliche Bestimmung Unsicherheiten, Grauzonen oder gar Rechtslücken und rechtliches Vakuum, sind Regierung und Gesetzgeber gefordert. In Anbetracht der Rechtsunsicherheit sollte es schnellstmöglich und noch unbedingt vor Ende des Steuerjahrs 2023 zur nochmaligen Anpassung des betreffenden
großherzoglichen Reglements kommen. Nachteile sollte es dabei gegenüber der in 2022 bestehenden Gesetzgebung über den Zinsen- und Finanzierungskostenabzug jedenfalls nicht geben.

Die Änderungen im Überblick

  2021 & 2022 2023
Bankkommission beim Kreditabschluss Integral abziehbar Nicht abziehbar
Kosten des notariellen Hypothekenakts Integral abziehbar Nicht abziehbar
Schuldzinsen ab Kauf bis zum Moment, wo die Wohnung vom Eigentümer bewohnt wird oder werden könnte

Zinsen auf Zwischenkredit
Integral abziehbar Keine Lösung aus dem Reglement ersichtlich!
• Als Sonderausgaben  abziehbar?
• Vom Nutzungswert der Wohnung nur begrenzt abziehbar?
• Überhaupt nicht  abziehbar?
Schuldzinsen ab dem Moment, wo die Wohnung vom Eigentümer bewohnt wird oder werden könnte Begrenzt abziehbar Begrenzt abziehbar
Renovierungskosten, insofern sie nicht als Herstellungsaufwand (dépenses d’investissement) anzusehen sind Abziehbar, da kein  Nutzungswert anzurechnen ist4 Nicht abziehbar, da ab 2023 der Nutzungswert ab Kauf  anzurechnen ist, sofern die  Immobilie dazu bestimmt  ist, dem Eigentümer als  Wohnung zu dienen

1 Großherzogliches Reglement vom 23. Dezember 2016, Einführung von Artikel 4b): Pendant la période qui précède l‘occupation de l’habitation pour le propriétaire, les intérêts débiteurs et les frais de financement correspondant à l’habitation sont déductibles intégralement.

2 « Une habitation est inoccupée mais destinée à servir à des fins d’habitation du propriétaire, ceci à titre
principal – le revenu correspondant est constitué par la valeur locative forfaitaire nette et les intérêts débiteurs
sont déductibles à concurrence du plafond prévu à l’article 4a ».

3 « La fixation de la valeur locative forfaitaire nette dès l’instant où le propriétaire peut librement affecter un
immeuble à ses propres besoins d’habitation implique qu’une habitation dont la construction est achevée ne
pourra donner lieu à des déductions autres que celles des intérêts débiteurs, tout comme une habitation
effectivement occupée. »
Projet de loi concernant le budget des recettes et dépenses de l’exercice 2023, document parlementaire
n°8080, page 41*

4 Cour administrative vom 28/07/2021 Nr. 45299C :

 

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Catégorie Wohnen wird nochmals teurer (2023) Date de Publication / Modification mardi 07 février 2023 | Auteur: CGFP