Sofortige Entlastung der Privatpersonen

Die Sommerferien gehören seit Kurzem der Vergangenheit an. Neben den Vorbereitungen auf die Sozialwahlen im März nächsten Jahres steht die sich am Horizont anbahnende Steuerreform ganz oben auf der CGFP-Prioritätenliste.
Nachdem die besagte Reform vor einiger Zeit durch spärliche Aussagen des Finanzministers wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist, wiederholen wir unsere Forderung an die Regierung, von Anbeginn in die Arbeiten aktiv mit eingebunden zu werden. Sollte sich herausstellen, dass einmal mehr private Beraterfirmen in Abwesenheit der Gewerkschaftsvertreter an der Ausarbeitung beteiligt waren, wäre dies äußerst bedauerlich.
Laut jüngsten Informationen soll diese Steuerreform ja grundlegender Natur sein. Vor allem soll niemand etwas dabei verlieren und darüber hinaus sollen so manche Bürger dabei auf steuerlicher Ebene sogar nachher besser abschneiden. Interessant wird zu beobachten sein, mit welchen Mitteln die Regierung all dies finanzieren will.
Außerdem darf auch auf politischer Seite nicht vergessen werden, den zuständigen Steuerverwaltungen die dringend notwendigen personellen und materiellen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie die zusätzlich anfallenden Arbeiten auch für jeden zufrie-denstellend meistern können.
Eines scheint jedoch jetzt schon klar zu sein: Niemand soll etwas verlieren, also wird und darf es auch nicht zu einer Reduzierung jener Kilometerpauschale kommen, die den Weg zum Arbeitsplatz betrifft.
Eines vorne weg: Im Vergleich zum Kapital wird Arbeit deutlich zu hoch besteuert. Bei einer weiteren Steuerreform muss auf jeden Fall prioritär alles daran gesetzt werden, dass dieses Ungleichgewicht verschwindet.
Im Regierungsprogramm steht diesbezüglich Folgendes zu lesen: „L'introduction du barème d'impôt unique nouveau vise également à alléger la charge fiscale des personnes physiques et en particulier des catégories de personnes vulnérables, tout en tenant dûment compte de la présence d'enfants à charge. Dans un souci d'équité et de prévisibilité, le Gouvernement veillera à prévoir des mesures compensatoires appropriées et des phases de transition."
Die natürlichen Personen sollen also entlastet und die Steuerklassen abgeschafft werden. Schon in den letzten Jahren ist die Steuererklärung unübersichtlicher geworden. Der Durchschnittssteuerzahler, der sich keine teuren Steuerberaterfirmen leisten kann, wird dadurch klar benachteiligt. Die CGFP spricht deshalb eine deutliche Warnung aus: Die kommende Steuerreform darf auf keinen Fall diese höchst bedenkliche Zweiklassengesellschaft weiter fördern. Genau das Gegenteil muss eintreten! Außerdem sollen angemessene Kompensationen und Übergangsperioden geschaffen werden. Wie all dies nachher aussehen wird, ist zum jetzigen Augenblick noch ungewiss.
Doch auch schon ohne diese von der Regierung ins Auge gefassten fundamentalen Änderungen im Steuerrecht bleibt ganz vieles zu tun.
Eines muss auf jeden Fall schon jetzt klar sein: Die Regierung darf sich auf keinen Fall den notwendigen finanziellen Handlungsspielraum, wie seit 2009 geschehen, durch eine substanzielle Nichtanpassung der Steuertabelle der Privatpersonen an die Preisentwicklung schaffen. Soweit darf es nicht kommen! Zur Erinnerung: Bei der letzten Anpassung im Jahre 2009 kam es damals zu einem teilweisen Schritt in diese Richtung.
Auch 2017 kam es wieder zu einer Reform. Eine Anpassung des Tarifs blieb jedoch aus.
Auch wenn die Gesetzgebung heute eine andere ist, so verlangt die CGFP, dass bei der kommenden Steuerreform diese Anpassung voll und ganz erfolgt, damit die natürlichen Per-sonen endlich grundlegend entlastet werden. Denn es waren gerade sie, die unter den Aus-wirkungen der nicht von ihnen verursachten Krise beträchtlich zu leiden hatten. Hierzu bei-getragen haben die europäischen Institutionen mit der von ihnen befürworteten Sparpolitik, die allen Privathaushalten in Europa mehr oder weniger große Kaufkrafteinbußen, den einzelnen Staaten ein niedrigeres Wachstum sowie häufig politische Instabilität einbrachten.
Ist dieser erste, fundamentale Schritt zur steuerlichen Entlastung der Privatpersonen erfolgt, müssen andere Maßnahmen folgen.
So zum Beispiel im Bereich der Steuerklasse 1A, deren schnellstmögliche Abschaffung die CGFP weiterhin unermüdlich fordert. Insbesondere Alleinerziehende, aber auch Verwitwete sind dem Armutsrisiko sehr stark ausgesetzt. Die Volksvertreter jeder politischen Couleur müssten sich dessen bewusst sein. Wieso hier nicht schon Grundlegenderes bei der letzten Steuerreform erfolgt ist, bleibt uns ein Rätsel.
Wir treten auch weiterhin für mehr Steuergerechtigkeit ein. Wir meinen es ernst!
Und dass hier enormer politischer Handlungsbedarf besteht, zeigt folgendes, schon einmal von der CGFP thematisierte Beispiel: Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie würden zu jenen sozialen Schichten gehören, die im Besitz von größeren Vermögenswerten wären, angelegt zum Beispiel in Form von Grundstücken, die allesamt im Bauperimeter liegen. Wie jeder Steuerzahler würden Sie, und das ist verständlich, so wenig wie nur gesetzlich vorgeschrieben, Steuern an den Staat zahlen, und damit die Beteiligung an der Finanzierung des Staates und des gesamten Gemeinwohls verringern.
Selbstverständlich würden Sie die Grundstücke nicht auf ewig brachliegen lassen, sondern Sie würden das Bauland nach etlichen Jahren, in denen es massiv an Wert zugelegt hätte, bebauen. Alles schön und gut. Im Normalfall fallen beim Verkauf einer Immobilie Gebühren und Steuern an. Gleiches gilt bei einer möglichen Vermietung.
Optimal für einen Eigentümer, der beständig reicher werden will, wäre der Umstand, dass bei einem Verkauf zumindest der erzielte Gewinn steuerfrei sein sollte. Falls die Immobilie nur vermietet würde, sollte zumindest die eingenommene Miete abgabenfrei sein. Dass hierdurch der sogenannte „kleine Mann von der Straße", der seine Steuern bis auf den letzten Cent bezahlen muss, der Dumme bei der ganzen Sache wäre, ist klar ersichtlich, denn immer dann, wenn im Staatshaushalt etwaige Löcher sich auftun und Geld fehlt, dann sind es seine Steuern, die erhöht werden.
All diejenigen, die nun glauben, die oben beschriebene Situation würde in die Kategorie reine Fiktion fallen, irren sich gewaltig. All dies ist heute schon bei den „FIS" absolute Realität. Diese „Fonds d'investissement spécialisé" kennzeichnen sich durch ein Fehlen jeglicher Beschränkungen hinsichtlich der Aktiva, in die investiert werden darf.
Uns bleibt es vollkommen unverständlich, dass im Bereich der FIS, die eine feine Sache zum Steuersparen sind für all jene mit bedeutenden, finanziellen Mitteln, die sich als gut informierte, professionelle oder private Anleger bezeichnen können, noch immer nichts geschehen ist. Es genügt nicht, in Expertengremien darüber zu diskutieren, hier muss rigoros auf politischer Ebene gehandelt werden!
Im Regierungsprogramm steht dazu Folgendes zu lesen: „Le Gouvernement veillera à contrecarrer les abus issus de l'utilisation du régime fiscal applicable aux SICAV-FIS dans le secteur immobilier au Luxembourg."
Dieser Auszug aus dem Koalitionsprogramm lässt doch zumindest erahnen, dass es bei den FIS offensichtlich schon zu Missbrauch gekommen ist und die Regierung dem jetzt entgegenwirken will.
Und hier geht es nicht um „Peanuts". Einige Hundert Milliarden Euro sind bereits in diesen Fonds von gut informierten Investoren angelegt worden. Es versteht sich von selbst, dass diese Fonds von allen traditionellen Steuerarten befreit sind (die „taxe d'abonnement" ausgenommen). Gleiches gilt für die vom FIS ausgeschütteten Dividenden, die auch von der Quellensteuer befreit sind. Dies stellt einen sehr interessanten Aspekt dar, wenn man bedenkt, dass seit dem 1. Januar 2017 - Zinszahlungen sind bis zu einem jährlichen Betrag von 1.500 € steuerbefreit - auch jeder weitere Cent der Ersparnisse von Verdienern mit Wohnsitz in Luxemburg gnadenlos mit einer Quellensteuer von 20% belegt wird. Wohlwissend, dass die Zinserträge gegen null tendieren und die Inflation das Ersparte auffrisst.
Bevor die Einzelheiten einer weiteren Steuerreform überhaupt ausgearbeitet werden, müssen gerade diese Missstände im Sinne von mehr Steuergerechtigkeit aus der Welt geschafft werden. Oder fehlt etwa der politische Mut, dieses Problem zielstrebig auszumerzen?
Fakt bleibt: Ein Finanzinstrument des Bankenplatzes darf im Endeffekt nicht zum Nachteil der Einwohner Luxemburgs werden.
Das Rad muss nicht gleich neu erfunden werden. Deshalb muss die Steuertabelle um einige, weitere Tranchen ausgebaut werden, um damit den sogenannten „Mëttelstandsbockel" endlich beträchtlicher abzufedern.
Wohlwissend, dass im internationalen Raum Steuerdumping bei der Betriebsbesteuerung ganz oben auf der Agenda steht, und dass es in Luxemburg ganz sicher keine ausgeglichene Steuerlastenverteilung zwischen natürlichen Personen und Unternehmen gibt - Gegenteiliges ist der Fall - müssen gerade die natürlichen Personen entlastet werden.
Wie steht es zum Beispiel mit einer Robotersteuer? Wir wissen alle, dass, falls ein Arbeitnehmer durch eine Maschine ersetzt wird (was immer öfter geschieht), keine Steuern auf der von ihr geleisteten Arbeit zu entrichten sind. Außerdem fallen keine Sozialabgaben an. Unsere ganzen Sozialsysteme könnten infrage gestellt werden. Dem muss vorgebeugt werden.
Und noch einmal zurück zum Wohnungsproblem, dem größten Sorgenkind der Bürger hierzulande. Nachdem kürzlich bekannt wurde, dass im letzten Jahr die Verkaufspreise von Immobilien rekordverdächtig weiter gestiegen sind, müssen gerade hier Nägel mit Köpfen gemacht werden, damit den professionellen Spekulanten das Handwerk gelegt wird. Dies könnte zum Beispieldurch eine von der CGFP ins Gespräch gebrachte, jährliche „Spekulantesteier" von mindestens 5% geschehen, die aber ganz klar nur die Immobilienhaie betreffen würde.
Gerade zu einem Zeitpunkt, in dem die Kassenlage des Staates einmalig gut ist, was die im Juli vom Finanzminister vorgelegten Zahlen des ersten Halbjahres 2019 vollends belegen, in einem Moment, in dem sich der ganz oft junge Durchschnittsbürger im besten Falle noch eine 40 Quadratmeterwohnung leisten kann, für die er ein Darlehen auf Jahrzehnte aufnehmen muss, ist es auch höchste Zeit, endlich auch der CGFP-Forderung nach einer deutlich großzügigeren Anwendung des superreduzierten Mehrwertsteuersatzes von 3% beim Erstwohnungsbau nachzukommen. Diese „Sparmaßnahme" der Regierung hat ohne jeden Zweifel zu weiteren, bedeutenden Preiserhöhungen beigetragen, die vor allem Klein- und Mittelverdiener treffen. Hier muss sich endlich etwas Konkretes tun, es muss schleunigst gehandelt werden!
Das Koalitionsabkommen von Dezember 2018 sieht Folgendes vor: „L'opportunité d'un rehaussement du montant maximum pour lequel le taux de taxe sur la valeur ajoutée (TVA) super réduit de 3% est applicable en matière de logement sera étudiée."
Trotz anderslautender Aussagen von Regierungsmitgliedern hat sich auch der Bau von Erstwohnungen bedeutend verteuert. Um die Ausgangslage von 2002 in etwa wie-derherzustellen - der superreduzierte Mehrwertsteuersatz von 3% gilt heute für 357.000 € an Baukosten, 2002 waren es noch 500.000 € - fordert die CGFP, dass der Höchstbetrag für die dreiprozentige TVA-Rückerstattung auf mindestens 100.000 € verdoppelt wird. In Anbetracht der Preisentwicklung wären 120.000 € mehr als angemessen. Hier darf also nicht nur geprüft, sondern es muss jetzt schnellstmöglich gehandelt werden!
Auch wenn ich mich wiederhole: Mehr Steuergerechtigkeit darf auf keinen Fall ein Wunschdenken bleiben.
Zusammenfassend gilt für uns Folgendes: Bei der kommenden Steuerreform, in deren Ausarbeitung wir von Beginn an eingebunden werden wollen, darf es keine Verlierer geben;
- die natürlichen Personen müssen entlastet werden, zum Beispiel durch eine vollstän-dige Anpassung der Steuertabelle an die Preisentwicklung;
- im Bereich der FIS, bei denen es offensichtlich schon zu Missbräuchen gekommen ist, muss schnellstens auf politischer Ebene gehandelt werden;
- die Steuertabelle muss um weitere Tranchen ausgebaut werden;
- den professionellen Spekulanten muss über steuerliche Maßnahmen das Handwerk gelegt werden;
- die Steuerklasse 1A muss abgeschafft werden und der superreduzierte Mehr-wertsteuersatz von 3% muss beim Erstwohnungsbau großzügiger angewendet werden.
Hierfür wird sich die CGFP im Vorfeld der von der Regierung angekündigten Steuerreform einsetzen! Nicht mehr und nicht weniger! Bei vollen Staatskassen sollte all dies gerade jetzt für die Regierung kein Problem darstellen!
Wir bleiben auf jeden Fall am Drücker.
Romain Wolff
CGFP-Nationalpräsident