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Stabiles Fundament

23.07.2025

Stabiles Fundament
Die CGFP-Protestaktion vom 25. Juni war ein Riesenerfolg – gar keine Frage. Und sie hatte ihre Wirkung: Nicht einmal 24 Stunden später, in der RTL-Sendung „Den Invité vun der Redaktioun“, machte Vizepremier Xavier Bettel erste Zugeständnisse: „Regierung mécht d’Dier fir Erhéijung vu Kotisatiounen op“, steht auch heute noch auf der entsprechenden Internetseite zu lesen. Damit kam die Regierung erstmals einer Gewerkschaftsforderung in Sachen Pensions- und Rentenreform nach – zumindest ansatzweise.

Um die 500 Delegierte, allen voran Vorstandsmitglieder der CGFP-Fachverbände, des CGFP-Kooperationspartners FGFC und der Eisenbahnergewerkschaft SYPROLUX, hatten sich an diesem 25. Juni vor der Abgeordnetenkammer versammelt, um mit Blick auf die angekündigte Rentenreform ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen und die CSV-DP-Koalition zu einem Umdenken zu bewegen. Der Austragungsort vor dem Abgeordnetenhaus war nicht zufällig gewählt worden und hatte mehr als nur symbolischen Charakter.

Dass die von OGBL und LCGB initiierte „nationale Kundgebung“ vom 28. Juni ebenso ein großer Erfolg war, kann und darf niemand leugnen. Ob, wie die Gewerkschaften später berichteten, über 20.000 Teilnehmer auf dem „Knuedler“ standen oder „nur“ 14.000, wie die Polizei anschließend mitteilte, ist dabei nicht das Entscheidende. Die CGFP hatte von Anfang an nicht auf Masse gesetzt. Ihr und ihren Fachverbänden ging es vordergründig darum, eine klare Botschaft zu senden – und die kam in Regierungskreisen auch an.

Doch auch heute bleibt immer noch eine Frage offen: War dies alles wirklich notwendig? Hätte die Regierung, allen voran der Premierminister, dieses Aufgebot, ja diese Mobilisierung nicht verhindern können, indem er, gemäß dem Luxemburger Modell, erst den Dialog mit den Sozialpartnern gesucht hätte, statt mit einseitigen – und daher mehr als fragwürdigen – Ankündigungen vorzupreschen. Luc Frieden ist doch auf diesem Gebiet kein Newcomer. Bereits unter Premierminister Jean-Claude Juncker hatte der damalige Finanzminister Frieden an Tripartite-Runden teilgenommen und müsste doch eigentlich wissen, wie ein echter Sozialdialog funktioniert – doch diese Chance wurde verspielt.

Jetzt ist natürlich gewusst, dass wir das Rad nicht wieder zurückdrehen können. Es geht nun in erster Linie darum, nach vorne zu schauen, um im Konsens Kompromisslösungen anzustreben, will sagen: gangbare Wege zu finden, die sowohl von den Arbeitnehmervertretern als auch von  den Arbeitgeberverbänden und der Regierung getragen werden können.
Ausgerechnet inmitten dieses Prozesses ist es natürlich nicht besonders förderlich und geschickt, um es einmal höflich auszudrücken, Gewerkschaften zum Gespött der Nation zu machen. Selbst auf einem parteiinternen Sommerfest ist dies schlicht geschmacklos. Die Lage ist ernst. Gerade zu dieser Jahreszeit gibt es keinen Raum für Büttenreden.
Doch kehren wir zum Kern der Thematik zurück: Die CGFP hat sich von Anfang an dafür stark gemacht, die Einnahmeseite derart zu gestalten, dass Renten und Pensionen nachhaltig abgesichert sind. Potenzial dafür gibt es genug. Zusammen mit den beiden anderen
national repräsentativen Gewerkschaften hat die CGFP im Rahmen des entsprechenden Gutachtens des Wirtschafts- und Sozialrats (Arbeitnehmerseite) eine Fülle von Ansätzen aufgezeichnet. Stattdessen Leistungseinschränkungen in Erwägung zu ziehen, wie auf Seiten der Arbeitgeberverbände befürwortet, bleibt für die CGFP eine bedenkliche Herangehensweise, gerade auch mit Blick auf die zunehmende Altersarmut im Lande.

Wenn jetzt im Zuge der Dreiergespräche im Staatsministerium mehrere Pisten in Erwägung gezogen werden, ist es für die CGFP von entscheidender Wichtigkeit, Textvorschläge zu den verhandelnden Maßnahmen zu begutachten. Gerade beim Renten- und Pensionssystem handelt es sich um eine äußerst komplexe Materie. Es wäre schlicht bedauerlich, wenn allein schon aufgrund von Missverständnissen Chancen verpasst würden. Allein aus diesem Grunde hat die CGFP darauf gepocht, die Thematik Renten- und Pensionsreform separat zu behandeln und nicht im Rahmen eines ganzen Maßnahmenpakets.

Noch wichtiger für die CGFP ist allerdings, genaue Berechnungen zu den einzelnen Pisten zu kennen. Denn: Wie soll man sich ein genaues Bild machen können, wenn die Auswirkungen auf das System nicht genauestens berechnet sind?

Eines steht aber auch fest: Die Regierung hat von Anfang an immer wieder betont, dass Rentner und Rentnerinnen, Menschen also, die ein ganzes Arbeitsleben lang Beiträge eingezahlt haben und jetzt im wohlverdienten Ruhestand leben, von einer möglichen Reform ausgeschlossen sind. Wir gehen fest davon aus, dass die CSV-DP-Koalition ihrer diesbezüglichen Linie treu bleibt. Wie bitteschön sollte man die Regierung sonst noch ernst nehmen?

Am Ende von Verhandlungen muss stets ein Kompromiss stehen. Das liegt in der Natur der Sache. Wer sich kompromissbereit gibt, muss auch bereit sein, Wasser in den Wein zu gießen – unter der Voraussetzung natürlich, dass alle Interessenvertreter diese Bereitschaft an den Tag legen.

Zudem hat sich die CGFP von Anfang an für Maßnahmen über einen absehbaren Zeitraum ausgesprochen. Für die CGFP ist und bleibt es schlicht unmöglich, verlässliche Langzeitprognosen und Langzeithypothesen, im äußersten Fall über eine Zeitspanne von 40 Jahren und mehr aufzustellen.

Ob die Dreiergespräche letztlich zu einem Erfolg werden oder nicht, ist mit letzter Gewissheit immer noch nicht absehbar, auch wenn bei den jüngsten Verhandlungen erhebliche Fortschritte erzielt wurden. Die Kompromissbereitschaft aller am Tisch versammelten Parteien wird entscheidend sein, ohne dass jemand dabei sein Gesicht verlieren darf.
„Luc Frieden ist ein Brückenbauer“, schmeichelte Beamtenminister Serge Wilmes in diesem Zusammenhang in der RTL-Sendung „Background am Gespréich“ vom 12. Juli seinem Regierungschef. Ob dem so ist, wird sich spätestens im September bei der nächsten Dreierrunde zeigen. Und sollte der Bau dieser Brücke wirklich gelingen, ist es ganz entscheidend, dass sie auch auf einem stabilen Fundament steht, das keinesfalls unter der Last von festgefahrenen Meinungen gleich nachgeben darf!

Steve Heiliger, CGFP-Generalsekretär