CGFP-Stellungnahme zur Lage der Nation: Von wegen Sozialdialog
14.05.2025

Premierminister Luc Frieden nutzte bei seiner rund 90-minütigen Rede zur Lage der Nation u.a. die Gelegenheit, um erste Einblicke in die geplante Renten- und Pensionsreform zu gewähren. Auch wenn vieles noch recht vage bleibt, steht inzwischen fest, dass die Zahl der beitragspflichtigen Jahre etappenweise erhöht werden soll. Die Laufbahn, die ein Beschäftigter absolvieren muss, um ein Anrecht auf die Pension zu erlangen, werde über mehrere Jahre hinweg jährlich stufenweise um jeweils drei Monate erhöht. Mit anderen Worten: Die Arbeitnehmer müssen nach dem Inkrafttreten der angepeilten Reform länger arbeiten. Wie sich dies auf die Betroffenen konkret auswirken wird, ließ der Regierungschef offenstehen.
Die großen Leidtragenden werden die jüngeren Generationen sein. Sie müssen sich jetzt schon darauf einstellen, dass sie einige Jahre länger im Arbeitsprozess bleiben.
Nach monatelanger Hinhaltetaktik zeigt die Regierung jetzt also ihr wahres Gesicht. Die CSV-DP-Koalition hat offenbart, dass sie sehr wohl für Verschlechterungen bei der Altersvorsorge eintritt, ohne auch nur ansatzweise andere vernünftige Optionen wie z.B. alternative Finanzierungsquellen – abgesehen von der CO-2 Steuer – ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Die Befürchtungen der CGFP wurden somit bestätigt: Die wochenlange Scheindebatte erfüllte lediglich eine Alibifunktion. Die Reformpläne liegen seit langem griffbereit in der Schublade. Der Gipfel ist, dass bei der Rede zur Lage der Nation immer wieder darauf verwiesen wurde, welch hohen Stellenwert der Sozialdialog genieße. Die Regierung regiere nicht im Alleingang, sie suche vielmehr den regelmäßigen Austausch, hieß es.
Die Realität sieht leider anders aus. Ein echter Sozialdialog bedeutet nicht nur zuhören, sondern Lösungen im Konsens erarbeiten. Bei den sogenannten Expertenrunden im Schloss von Burglinster herrschte ein breiter Konsens darüber, dass Anreize geschaffen werden sollten für jene Beschäftigten, die auf freiwilliger Basis länger arbeiten möchten. Die CGFP hatte zudem stets darauf gepocht, dass die finanziellen Mittel zurzeit ausreichend seien, um in Ruhe nach vernünftigen Lösungen zur langfristigen Absicherung der Renten- und Pensionssysteme zu suchen.
Von einer stufenweisen Heraufsetzung der beitragspflichtigen Jahre war in all diesen Gesprächen nie die Rede. Die jüngste Darstellung der Regierung anlässlich des „état de la nation“ kommt einer Verdrehung der Tatsachen gleich. Mit den jüngsten Ankündigungen zur Pensionsreform hat die Regierung erneut vor den Bug geschossen und die im Herbst anstehenden Diskussionen schwer belastet.
Kernthemen nehmen Nebenrolle ein
Bedauerlicherweise wurde die längst überfällige Steuerreform bei der Lage der Nation nur am Rande erwähnt. Die Regierung spricht sich für einen neuen vorteilhaften Steuertarif aus, der sich an die bestehende Steuerklasse 1a lehnt. In diesem Zusammenhang wiederholt die CGFP ihre Forderung, dass die vorgesehene Übergangszeit so gestaltet werden muss, dass auch verheiratete oder gepacste Personen nicht benachteiligt werden.
Enttäuscht zeigt sich die CGFP über die Aussagen, die in Bezug auf die grassierende Wohnungsbauproblematik getätigt wurden. Statt neue zusätzliche Maßnahmen zur Entlastung der Mittelschicht anzukündigen, ließ der Premierminister wissen, dass das zeitlich begrenzte Steuerpaket Ende Juni dieses Jahres auslaufen wird.
Begrüßenswert ist, dass die öffentliche Hand im Energiebereich einen Teil der Netzkosten übernehmen wird. Auch die Verdreifachung der Energieprämie für jene Haushalte, denen die hohen Preise am meisten zu schaffen machen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage und der damit einhergehenden Ungewissheit bei der Energieversorgung hat die CGFP jedoch kein Verständnis dafür, dass die Regierung die geltende Strompreisbremse auslaufen lässt.
Einige positive Ansätze
In den kommenden Jahren will die Regierung verstärkt auf die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in mehreren Bereichen zurückgreifen. So soll KI z.B. auch beim Arbeitsamt in den Einsatz kommen. Bevor dies geschieht, sollte in enger Zusammenarbeit mit den Akteuren auf dem Terrain der gesetzliche Rahmen dafür geschaffen werden.
Trotz der zahlreichen Beanstandungen kann die CGFP der Rede zur Lage der Nation auch einiges Positives abgewinnen. Mit Genugtuung stellt sie fest, dass die Justiz und die Polizei aufgestockt werden, um ihre wachsenden Aufgaben wahrzunehmen. Erfreut zeigt sich die CGFP auch darüber, dass die Regierung die Bedenken der Gewerkschaften in Bezug auf das Versammlungsrecht ernst nimmt und kein Gesetz vorlegen wird, das nicht auf eine breite Zustimmung trifft.