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Gemeinsame Pressekonferenz von CGFP, LCGB und OGBL: Erhalt des sozialen Friedens nach der Corona-Krise

08.06.2020



Zwei Tage vor einem Treffen mit der Regierung haben die drei größten Gewerkschaften CGFP, LCGB und OGBL im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz an diesem Montag ihren Forderungen Nachdruck verliehen. Beansprucht wurde die Einberufung einer Tripartite, um Lösungen für die wirtschaftliche und soziale Covid-19-Krise zu finden. Des Weiteren wurden die Prioritäten zum Erhalt der Kaufkraft der Bürger dargelegt. Seitens der CGFP gab es kritische Töne bezüglich der drei Covid-19-Gesetzentwürfen sowie einer überstürzten Einführung der Telearbeit.

In den ersten Wochen nach Ausbruch des Corona-Virus hatten die drei national repräsentativen Gewerkschaften CGFP, LCGB und OGBL darauf verzichtet, öffentliche Kritik an der Regierungspolitik zu äußern. Als jedoch zunehmend deutlich wurde, dass die Dreierkoalition bei der Ausarbeitung ihrer Exit-Strategie die Arbeitnehmervertreter ignoriert hatte, wuchs der Unmut im Gewerkschaftslager.
 
Die Beschäftigten – ganz gleich, ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft – hätten bei Bekämpfung der Corona-Krise Großartiges geleistet, unterstrich CGFP-Nationalpräsident Romain Wolff zu Beginn seiner Ausführungen. Umso unverständlicher sei es, dass die Regierung die Vertreter der arbeitenden Menschen nicht viel früher in ihre Exit-Strategie eingebunden habe. Der Sinneswandel innerhalb der Koalition sei erst erfolgt, nachdem die national repräsentativen Gewerkschaften gemeinsam öffentlichen Druck ausgeübt hatten. Bereits zuvor habe sich die CGFP über den mangelnden Sozialdialog beschwert.
 
Am 10. Juni wird die Regierung die Arbeitnehmerorganisationen für ein drittes Treffen innerhalb eines Monats empfangen. Auf der Tagesordnung stehen die drei kürzlich von der Koalition vorgelegten Covid-19-Gesetzentwürfe, die nach Ablauf des „état de crise“ Bestand haben werden.
 
Romain Wolff bedauerte, dass die entsprechenden Texte den Gewerkschaften erst auf Nachfrage hin und reichlich spät ausgehändigt worden seien. Mit Ausnahme der Chambre des fonctionnaires et employés publics (Chfep) seien alle Berufskammern dazu aufgefordert worden, diese Entwürfe zu begutachten. Dieser Vorgang sei unverzeihlich. Immerhin würden die bevorstehenden Gesetze die öffentlich Bediensteten ebenso betreffen, wie alle anderen Bürger des Landes. Die Chfep habe den Entschluss gefasst, dennoch ein Gutachten zu verfassen (siehe Anhang).
 
Der CGFP-Nationalpräsident wies zudem darauf hin, dass die Verlängerung des aktuellen Ausnahmezustandes mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen worden sei. Bei den Covid-19-Gesetzen reiche hingegen in Zukunft eine einfache Mehrheit aus. Die drei Gesetze, die den „état de crise“ ablösen werden, könnten somit, ohne Zustimmung der Opposition, bis in alle Ewigkeit verlängert werden.
 
Um eine Schwächung der parlamentarischen Kontrollfunktion zu vermeiden, stelle sich unweigerlich die Frage, ob im Sinne der Demokratie nicht mindestens eine Zwei-Drittel-Zustimmung für die Covid-19-Gesetze angebracht wäre, so Wolff. Die gleichen Überlegungen könne man auch anführen, falls sich herausstellen sollte, dass die betreffenden Gesetze nach einmonatiger Wirkungsdauer verlängert werden müssen.
 
Außerdem gebe es bei einer Corona-Erkrankung noch u.a. Klärungsbedarf im Zusammenhang mit dem Schutz der Selbstbestimmung, fuhr Romain Wolff fort. So stelle sich z.B. die Frage, ob eine Zwangseinweisung in ein Krankenhaus ausschließlich von Spitzenbeamten beschlossen werden könne, ohne dass die Politik dabei einen Teil der Verantwortung mitzutragen habe.
 
Das Virus werde die Welt noch eine Weile beschäftigen, so der Redner. Rechte und Freiheiten könnten langfristig eingeschränkt werden. Deshalb stelle sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit derartiger Maßnahmen, so Wolff: „Müssen unter den aktuellen Gegebenheiten zwei Covid-19-Gesetzentwürfe auf die Schnelle im Parlament mit einer einfachen Mehrheit verabschiedet werden?“
 
In den kommenden Monaten gelte es, den durch die Pandemie entstandenen wirtschaftlichen Schaden bestmöglich abzufedern, bekräftigten die Vertreter von CGFP, LCGB und OGBL. Gemeinsam müssten sämtliche Akteure darauf hinarbeiten, eine soziale Krise größeren Ausmaßes zu verhindern.
 
Deshalb sei die Einberufung einer Tripartite unumgänglich. Dieses erprobte Kriseninstrument habe keineswegs als Entscheidungsgremium ausgedient. Das Land stehe vor nie da gewesenen Herausforderungen. Die Vorbehalte der Regierung und des Patronats gegenüber dieser Dreiergespräche seien absolut fehl am Platz.
 
Infolge des wochenlangen Lockdowns hat der Staat mit großen Einbußen bei den Steuereinnahmen zu kämpfen. Dennoch wäre es ein völlig falsches Signal, ausgerechnet jetzt die Kaufkraft der Bürger durch Steuererhöhungen zu verringern, ergänzte Wolff. Derzeit würden manche Länder zur Belebung des Konsums die Mehrwertsteuer vorübergehend senken.
 
Des Weiteren befasste sich der CGFP-Nationalpräsident mit dem Thema Homeoffice, das während des Lockdowns einen regelrechten Aufschwung erlebt habe. Die Regierung habe bereits erkennen lassen, dass sie auch künftig diese neue Arbeitsweise im öffentlichen Dienst verstärkt fördern möchte.
 
Die CGFP widersetze sich keineswegs dem Trend zur Digitalisierung, stellte Wolff klar. Bevor jedoch eine Grundsatzdiskussion über eine verstärkte Nutzung der Telearbeit geführt werde, sei eine detaillierte Bestandsaufnahme über die bislang gesammelten Erfahrungswerte erforderlich. Wo wurden Schwachstellen ausfindig gemacht? Und wie hoch sind die Kosten für die technischen Ausrüstungen in den Verwaltungen und öffentlichen Einrichtungen. All diese Fragen bedürften einer Antwort.
 
Bevor eine flächendeckende Einführung der Telearbeit in Erwägung gezogen werde, müsse auch auf gesetzlicher Ebene in vielen Hinsichten nachgebessert werden. Derzeit sei z.B. unklar, nach welchen Kriterien ein Vorfall im Homeoffice als Arbeitsunfall gelte. Ferner gebe es Nachholbedarf im Steuerbereich. Es könne nicht angehen, dass Menschen, die im nahen Ausland wohnen, gegenüber den luxemburgischen Einwohnern benachteiligt würden.
 
Romain Wolff sprach sich zudem für Einheitsregeln aus, die für alle Abteilungen des Staatsdienstes verbindlich sein müssten. Nur so könne der Schutz der Mitarbeiter konsequent gewährleistet werden. Unangemessene, maßlos übertriebene Schikanen von einigen kontrollversessenen Abteilungsleitern dürften sich nicht mehr wiederholen. Um die Beschäftigten vor Missbräuchen besser zu schützen, müsse zudem das Recht auf Nichterreichbarkeit klar definiert und gesetzlich verankert werden.