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CGFP: Parlament auf dem Prüfstand

13.11.2020

CGFP: Parlament auf dem Prüfstand
Bald wird sich zeigen, ob die Abgeordneten ihre Kontrollfunktion im Plenum ernsthaft wahrnehmen oder nicht. Der jüngste Gesetzentwurf des Bildungsministeriums, der demnächst zur Abstimmung vorgelegt wird, ist ein bodenloser Affront: Künftig sollen auch Vertreter aus der Privatwirtschaft mit der Leitung von spezialisierten Lyzeen betraut werden.
 
Beim Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques (Script) sowie beim Institut de formation de l’éducation nationale (IFEN) müssen die künftigen Direktoren und deren Stellvertreter laut Entwurf nicht mehr fünf Jahre lang der Kategorie A des Staatsdienstes angehört haben. Außerdem sollen Anwärter aus dem Privatsektor einen Zugang in die Chefetagen des Centre de gestion informatique de l‘éducation (CGIE) erhalten.
 
Die Krönung ist, dass in den oben angeführten Fällen pädagogische Kenntnisse nicht mehr erforderlich sein sollen. Auch das Beherrschen der drei Amtssprachen soll künftig als Kriterium wegfallen. Beim IFEN soll die aufgelockerte Sprachregelung für alle Beamten der oberen und mittleren Laufbahn sowie für sämtliche Angestellte und Praktikanten gelten.
 
Eine hinterhältige Vorgehensweise
 
Die Regierung versucht offensichtlich, eine nie dagewesene sanitäre Krise zu nutzen, um im Eilverfahren eine äußerst zweifelhafte Reform durchzupeitschen. Die CGFP zeigt sich empört über diese hinterhältige politische Vorgehensweise, zumal kein triftiger Grund vorliegt: Im Vorfeld dieses umstrittenen Vorhabens wurden nicht einmal die Gewerkschaften und Schuldirektionen um ihre Meinung gefragt.
 
Des Weiteren verweist die CGFP auf ein Gutachten der Berufskammer der öffentlich Bediensteten. Darin heißt es, dass die Besetzung von staatlichen Führungspositionen mit Bewerbern aus der Privatwirtschaft eine völlig neue Vergütung zu Lasten des Staatshaushalts nach sich ziehen würde.
 
Der besagte Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass die neuen Bestimmungen in naher Zukunft auf die restlichen Sekundarschulen ausgedehnt werden können. Allein dieser Umstand lässt darauf schließen, dass die Dreierkoalition darauf abzielt, ohne viel Aufhebens den gesamten öffentlichen Dienst schrittweise auszuhöhlen.
 
Die CGFP wird diese perfiden und völlig sinnlosen Privatisierungsbemühungen nicht tatenlos hinnehmen, sondern ihnen Einhalt gebieten. Hält die Regierung weiterhin an ihrem neoliberalen Kurs fest, muss sie mit heftigem Widerstand rechnen.
 
Nach Ansicht der CGFP ist es unmöglich, ein Lyzeum oder eine Verwaltung auf eine kompetente, fachgerechte Art und Weise zu leiten, ohne tiefgründige Kenntnisse über die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes oder der jeweiligen Struktur zu haben. Personen, die nicht über ein auf Erfahrungswerten beruhendes Know-how verfügen, sind schlecht gerüstet, um Führungsposten im Staatsdienst zu übernehmen. Es lässt sich nicht leugnen, dass im öffentlichen Dienst strengere Regeln gelten als in einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen.
 
Die neue Strategie der Regierung birgt noch weitere Gefahren. Für die CGFP stellt sich unweigerlich die Frage, nach welchen konkreten Kriterien Personen aus dem Privatsektor für vakante Posten im öffentlichen Dienst ausgewählt werden sollen. Die strengen überparteilichen Vorgaben für Einstellungen im Staatsdienst dürfen unter keinen Umständen aufgeweicht werden.
 
Gefahr von Vetternwirtschaft
 
Die Gefahr, dass öffentliche Verwaltungen – wie bei der Anwendung des Bewertungssystems – von Vetternwirtschaft überrollt werden, muss unterbunden werden. Die CGFP will verhindern, dass Parteimitglieder beziehungsweise enge Vertraute oder Freunde von Regierungsmitgliedern bedenkenlos im Staatsdienst platziert werden können.
 
Immer wieder wird im Regierungslager behauptet, dass es in mehreren Bereichen des Staatsdienstes schwer sei, Mitarbeiter mit dem geeigneten Profil zu finden. Bei diesem gefährlichen Totschlagargument bleiben die Minister jedoch trotz wiederholter Nachfrage jeden Beweis schuldig. Wenn dem so wäre, müsste ein erster Ansatz darin bestehen, die Arbeitsbedingungen der betroffenen Verwaltungen und Abteilungen zu verbessern, statt die frei gewordenen Stellen mit inkompetenten Mitarbeitern zu besetzen, die den beruflichen Herausforderungen nicht gewachsen sind.
 
Im Vergleich zu seinen Nachbarländern hat Luxemburg die Corona-Krise bislang gut gemeistert. Dies ist unter anderem auch das Verdienst des gesamten öffentlichen Dienstes, der sich erneut als krisenerprobt erwiesen hat. Im Interesse aller Bürger sollten pflichtbewusste Volksvertreter die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen kritisch hinterfragen, statt derartige Vorhaben ahnungslos durchzuwinken.
 
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